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Manfred Butzmann

»Grenzgebiet«

in: Martin Hoffmann: Reflexe aus Papier und Schatten.
Berlin, Gerhard Wolf Januspress 1996

1973 gab mir der Galerieleiter Klaus Werner einen Auftrag: Er bestellte eine »Berlin-Mappe« mit sieben Offsetlithographien, viele davon sollten mehrfarbig sein. Es war also eine umfangreiche Arbeit – die Technik war mir ja seit vielen Jahren vertraut. Alles wurde auf der Andruckpresse in der Druckerei Graetz gedruckt. Als ich gerade den Entwurf des Deckblattes für die Mappe heraushole, steht auch der junge Mann dabei, der seit einigen Tagen in der Druckerei »das Mädchen für alles« macht – und stellt sofort die Frage: „Warum ist das Unwichtigste so groß?“ Er meinte das Wort ­»Sieben«.
Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht – ich fand einfach das große Wort ­­»Sieben« nötig. Erst durch seine Frage wurde mir meine Gedankenlosigkeit bewußt. (Oder hätte der Herr Freud eine Erklärung in dem Sinne, daß der auch noch junge Künstler Butzmann auf eine so große Zahl von bestellten Blättern stolz war?)
Ich hatte jedenfalls sofort den Eindruck, daß Martin Hoffmann nichts gedankenlos macht. Spontan, vielleicht auch von seiner großen Sicherheit verletzt, drängte es mich, etwas von seiner Arbeit zu sehen – und wir gingen in sein kleines Zimmer in der Bergstraße ganz in der Nähe …

friedhofUnd noch lange mußte ich an eine Zeichnung denken, die ich bei unserem ersten Zusammentreffen damals von ihm zu sehen bekam. Noch nie hatte jemand so schmerzhaft einen brutalen Eingriff in Gewachsenes gezeigt, trotz eher tastender Zeichenweise, die auch gleichzeitig die verschiedenen Härtegrade der Bleistifte ausprobiert: Durch den alten Friedhof in der Bernauer Straße geht die »Mauer« – wahrhaft ein Berliner Motiv. Die Mauer ist nur verhältnismäßig klein auf dem Blatt zu sehen – der härteste Kontrast zu den Bäumen und Grabstellen ist das Schild, darauf das Wort «Grenzgebiet«. Daß der Pfahl des Schildes sogar noch rot-weiß
angemalt war, hatte ich später nicht
mehr in Erinnerung. Das stellte ich
fast erschrocken fest, als ich das Blatt
nach 23 Jahren wieder gesehen habe …

Selten habe ich jemand getroffen, der so viel Wert auf den Inhalt seiner Arbeit legt, der sich fast jede spielerische Kunstfertigkeit verbietet. Es war für mich von diesem ersten Tag an eine Provokation, daß Martins Arbeiten diese (manchmal sogar erschreckende) Konsequenz hatten, die mir erst später – nach meiner Armee-Erfahrung – möglich wurde.
Für diese Anregung will ich ihm dankbar bleiben. Auch wenn ich bisweilen schon eine Scheu entwickelte, ihm meine neuen Arbeiten zu zeigen.
Daß ich ihn angeregt habe, aus einer originellen Graphitstudie von demolierten und vernachlässigten Briefkästen eine Offsetlithographie zu machen – seine erste übrigens – freut mich. Martin sagte es mir neulich; ich hatte es vergessen …

 

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